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römisches Schliffglas, die Schlifftechnik der Römer
Römisches Schliffglas wurde über Jahrhunderte hergestellt, man kam jedoch über eine bescheidene Qualität nicht hinaus.
Moderner Glasschliff verwendet eine der Antike überlegene Technologie. Säurebäder welche die aufgerauhte Oberfläche glätten und brillant werden lassen,
waren offenbar noch unbekannt. Zudem war die in der Antike verwendete Glasmasse weniger geeignet als mit hohem Bleioxydgehalt versehene
moderne Schliffgläser.
In vielen Fällen kann man statt von Schliff ohnehin nur von Gravur spechen. Auch wenn mit viel Fleiß bisweilen ganze Szenen in Glas gekratzt wurden -
mit hochwertigem Schliff hat dies wenig zu tun.
Glasgefäße mit Flächenschliff gehören zu den hochwertigsten Ausführungen. Um ein gutes Schliffbild zu erreichen, sind mehrere Probleme zu lösen:
Der Schleifkörper muss richtig dimensioniert sein und eine ausreichende Härte aufweisen.
Der Glasschleifer benötigt eine präzise Führung Glas/Schleifkörper und muss in der Lage sein, den Schleifvorgang ständig optisch zu kontrollieren.
Heute wird dies meist über eine ständige Wasserspülung bewerkstelligt.
Zuletzt stellt sich das Problem, die Schliffflächen wieder glänzend und transparent zu bekommen. Dazu sind Säurebäder ein probates Mittel.
Wie die Antike das Problem löste, ist nicht bekannt. Meist sind die Schliffflächen matt. Sind sie glatt, handelt es sich meist um
in Form geblasenes Glas, welches teures Schliffglas imitiert.
Radialschliff:
Kugelige Flaschen und Becher weisen bisweilen radiale "Schliffrillen" auf, die
auf keinen Fall das Ergebnis freihändigen Schleifens sein können. Entweder sind Schablonen im Spiel,
oder es handelt sich nicht um Schliffrillen. Gegen eine Heißverformung, d.h. ein Eindrücken im Rahmen
der Glasformung spechen die oft scharf konturierten Rillen, dagegen die oft glatten Schliffflächen.
Schliffimitationen:
Bei diesen Stücken zeigt sich, dass es sich bei vermeintlichem Schliffglas auch um formgeblasene Stücke handeln kann.
Z.B. sind wabenartige Sechskantstrukturen dieser Art mit Schlifftechnik gar nicht möglich.
In Form geblasene Becher suggerieren bisweilen hochwertige komplexe Schliffbilder. Genaues Betrachten entlarvt sie als in Form geblasene Stücke.
Krönung und Beweis perfekter Imitation ist die vorgebliche Schliffschale im Museum Worms. Abgesehen von den merkwürdig weichen Umbrüchen
ist auf eine vorgebliche Schlifffläche applizierte Griff: Es handelt sich keineswegs um eine aufwändige Schliffarbeit, sondern um geschicktes Blasen in Form.
Der Griff muss in heißem Zustand appliziert worden sein.
Vor diesem Hintergrund erweisen sich die vermeintlichen Prestigestücke römischer Glasschleiferkunst, die Diatretgläser,
als Fata Morgana. Derartige Stücke schlifftechnisch zu erstellen, ist zwar mit modernsten Mitteln möglich, überschritt jedoch die technischen Fähigkeiten der Antike bei weitem.
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