1000 Rezepte
Obwohl an die 1000 Rezepte u.a. von Apicius aus der Antike ganz oder teilweise erhalten sind, ist es nicht ganz einfach, antike Küche nachzuvollziehen.
geänderte Lebensmittel - Neuzüchtungen
Dies beginnt damit, dass viele der Lebensmittel nicht mehr die selben wie damals sind. Unsere heutigen Gemüse sowie Obst sind das Ergebnis
jahrhunderte langer Züchtung. Man kann davon ausgehen, dass ursprüngliche Bitterstoffe reduziert wurden und das Geschmacksprofil
insgesamt "stromlinienförmiger" geworden ist. Diese Entwicklung setzt sich gerade in letzter Zeit verstärkt fort.
Beim Fleisch sämtlicher Haustiere sieht es nicht besser aus. Meerestiere soweit nicht gezüchtet und Wild machen noch die wenigsten Probleme.
unklare Rezepturen
Schwierigkeiten gibt es auch bei der konkreten Ausführung der Rezepte. Man vergleiche einmal die diversen sich auf Apicius berufenden Kochbücher und was die Autoren aus dem jeweils gleichen Grundrezept machen! Hier ist eine derart große Bandbreite möglich, dass von Originaltreue kaum mehr gesprochen werden kann.
Und sei es der Probleme noch nicht genug, gilt es immer zu bedenken: Die Rezepte des Apicius stehen für eine degustatorisch völlig gelangweilte Ober-schicht, die wild auf neue Geschmackseindrücke war.
Es ist fast so, als wenn wir Rezepte der "Jungen Wilden" unserer Zeit als klassisch deutsche Küche betrachteten.
Man kann sich nur mit aller Vorsicht den Dingen nähern. Immerhin gibt es Hinweise auf gewisse Vorlieben.
So tauchen Honig/Defrutum und Liquamen bei einer Vielzahl von Rezepten auf.
Honig hat Rom in enormer Menge von den Provinzen oft als Tribut eingeführt. Honig wurde
nicht nur für diverse Wein-Panschereien verwendet, sondern zum Süßen nahezu aller Speisen. Z.B.
Pilzgerichte mit Honig erscheinen heute abwegig, schmecken in Verbindung mit Pfeffer aber exquisit ...
Defrutum ist konzentrierter Traubensaft. Hier geht es nicht nur um Zucker, sondern auch um Fruchtsäure.
Vor der unseligen Sitte, Defrutum in Bleipfannen zu verkochen, warnte schon Galen.
Liquamen war nicht wie in der Literatur beständig (und falsch) wiederholt, flüssiger Salzersatz, sondern
Geschmacksverstärker - also eher antiker Maggi. Fisch- / Meeresfrüchte werden mit Salz und Wärme fermentiert.
Geht ganz einfach mit Joghurtbereiter. Das Ergebnis "fischelt" wenig und verstärkt Saucen aller Art.
Pulmentarium ist die Zukost zur puls. Meist hatte man Gemüse, höchst selten Fleisch oder Fisch.
Andere Breiarten gab es durchaus, z.B. Kichererbsen, Linsen, Bohnen, Fisch mit Leinsamen.
Bohnenbrei war umstritten.
Feinschmecker
Römische Gourmets wie Lucullus versuchten auf Grund des Geschmacks der einzelnen Fische zu sagen, wo diese gefangen worden waren;
da für diese Unterschiede hauptsächlich der Untergrund des Wassers maßgeblich war, schmeckten sie letztlich eine
Schlammsorte gegen eine andere ab. Diese Textstelle ist zugleich Indiz für eine nicht überwürzte Küche. Jene hätte diese
Feinheiten maskiert.
Neureiche wie Trimalchio sahen in grandiosen Gastereien das ideale Feld für Prestige.
"Als wir glaubten, eine Mastgans mit Fischen ringsum wäre aufgetragen, sagte Trimalchio: `Liebe Freunde, alles war ihr hier seht,
ist aus ein und demselben Stoff gemacht.´ Als heller Kopf merkte ich natürlich sofort, was los war, drehte mich zu Agamemnon
um und meinte:`Mich sollte es wundern, wenn das nicht alles aus Mist oder mindestens aus Ton gemacht ist. Bei den Saturnalien in
Rom, da hab ich ganze Diners auf diese Weise nachgebildet gesehen.´ Ich hatte meinen Satz noch nicht zu Ende, als Trimalchio sagte: `
So wahr ich an Geld zunehmen will, nicht an Leibesfülle: Das Zeugs da, das hat mein Koch alles aus Schwein fabriziert ..."
(Petron Satyricon 69ff)
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